Der Begriff Kampfhund
Die Bezeichnung Kampfhund ist eine sehr unglückliche Schöpfung, von Hundefreunden selbst ins Leben gerufen. Ende und Anfang des 19. Jahrhunderts erschienen einige Bücher die Hunde sehr drastisch und martialisch beschrieben. Weitgehend ohne Quellenangaben wurde auch von Hunden aus den Zeiten weit v. Chr. berichtet. Noch heute wird aus diesen Büchern weitgehend unreflektiert abgeschrieben.
Dazu die Anhänger, gerade der Molosserrassen, diese konnten Ende der 70er Jahre gar nicht genug Geschichten erzählen von „ihren“ starken Kampfhunden und den schrieben Legenden um diese “Gladiatoren”.
Die Hunde sollten in einer Tradition von diesen „Panzern der Antike“ stehen, die sich angeblich vor 2.000 Jahren in Kämpfen bewehrt hätten. Ja ganze Länder mit erobert hätten, die großen Armeen der Antike voller Kriegshunde die in Schlachten zogen. Je älter die Geschichte um so besser. Dass all dies nicht überprüfbar oder gar historisch belegbar ist, störte die Liebhaber der Rassen wenig.
Da waren Sprüche wie
„Der Mastino an der Leine, ersetzt die Maschinenpistole über der Schulter“
vom obersten Mastino-Züchter an der Tagesordnung.
Auch der Überbegriff Molosser und die dazugehörige Erklärung, mit der Schöpfung aller solcher Hunde bei einem gleichnamigen Stamm (der, weil es Barbaren waren, über 100 Jahre von den Olympischen Spielen Griechenlands ausgeschlossen war) in einem Zipfel des alten Griechenlands Namens Epirus auf dem heutigen Albanien, ist Unsinn, hat sich aber von Deutschland aus weltweit verbreitet.
Im Buch „Molosser“ im Kynos-Verlag schrieb der langjährige Vorsitzende des „Club für Molosser“ über diese Zeit und beschreibt damit das Denken der Hundefreunde aus dieser Zeit:
"Als der ehemalige deutsche Club für Bordeauxdoggen und Mastiffs einen neuen Namen finden musste (1978 d.A.), der allen vertretenen Rassen gerecht werden konnte, tauchten die abenteuerlichsten Vorschläge auf: Kampfhunde-Klub, Panzer der Antike und ähnlicher Unsinn. Lange haben wir über den Namen nachgedacht und - obwohl man sich des zoologischen Nonsense bewusst war - man einigte sich auf "Club für Molosser". In der Schweiz, in Holland, in Spanien und in den USA gibt es nun heute auch schon "Molosser-Clubs", die vor der Namensgebung sich mit berufenen Kynologen berieten. Niemand hat einen "besseren" und vor allem zutreffenderen Namen finden können." Walt Weise in "Molosser"(1987)
Der ebenfalls in diesem Buch „Molosser“ schreibende Rudolf Sewerin (über den Mastin Espanol), gab 1983-84 eine kleine Zeitschrift im Eigenverlag, mit dem Titel „Der Kampfhund, in allen seinen Rassen“, heraus. So wurde der Begriff aus den eigenen Reihen in der Öffentlichkeit etabliert. Heute ist das Beschweren darüber, dass die Medien und die Behörden diese Leute beim Wort genommen haben, relativ sinnfrei.
Historisch gesehen ist das Wort Kampfhund eine völlig falsche Bezeichnung.
Man hat Hunde so zuvor nie so genannt. Von Alexander dem Großen über Aristoteles bis zu den Römern sind Berichte über große Hunde, auf die sie im Feldzug trafen, überliefert. Aber es war von Wachhunden für Haus, Hof, Vieh und Herrn, und Einsatz im Krieg die Rede, nie von Kampfhunden.
Zu Zeiten der Kämpfe in römischen Arenen wurden diese breitmäuligen Hunde als Mastiff bekannt. Die Hunde, die Bauern und Schlachtern bei ihrer Arbeit halfen, bekamen den Beinahmen Bull (dog), oder Bullen (beißer) (auch Bollen (beißer).
Als solche Hunde dann im 18./19. Jahrhundert auch zum Sport des kleinen Mannes wurden, und in einem hölzernen Ring (der Pit) gegen andere Tiere kämpften, kam der einzige Begriff auf, der etwas mit Kampf im weitesten Sinne zu tun hat, der Pit Bullterrier.
Aber damals gab es keine Rasse die das Wort Kampf – gleich in welcher Sprache oder Land – im Namen führte.
Auch sollte man einmal berücksichtigen, dass Hunde in einem Alter von etwa einem Jahr geschlechtsreif sind. Also könnte man eine Generation beim Hund mit zwei Jahren umfassen. Dann kann Sohn oder Tochter selbst bereits Vater und Mutter werden.
Die Hunde auf die Alexander der Große in seinen Feldzügen in Persien, Indien und Afghanistan traf, haben über 1.160 Generationen hinter sich.
Die Hunde die die Römer in Britannien und Germanien kurz v. Chr. antrafen und so eindrucksvoll beschrieben, haben also 1.000 Generationen hinter sich.
In diesen über 2.000 Jahren mit über 1.000 Generationen sind unzählige Grenzänderungen, Völkerwanderungen, Im- und Exporte, also jede Menge an Veränderungen, Kreuzungen, Vermischungen der Hunde aller Länder und Arten geschehen.
Denn Zuchtbücher gibt es erst 120 Jahre, und wir haben heute noch genug Mischungen trotz geordneter Zucht und Regeln für diese.
Auch für die Rassen mit englischer Grundlage und Genen, die aus den in England so populären Tierkämpfen hervorgingen, muss man in Betracht ziehen, dass das Parlament in England bereits 1835 jegliche Art von Tierkämpfen verboten hat.
Natürlich existierte (und existiert noch heute) der Tierkampf weiter im Illegalen, es gibt immer Verstöße gegen Gesetze und Regeln. Aber kaum in dem Ausmaß wie zuvor, sowohl was die Anzahl der Kämpfe, als eben auch die Zahl der Hunde angeht die dazu gezüchtet wurden. Denn dazu kommt, dass solche illegalen Sachen natürlich nicht gerne in die Öffentlichkeit kommen. Hunde von Züchtern die sich wirklich noch mit so etwas beschäftigen, sind nicht nur sehr teuer, sie sind auch für Otto-Normal-Halter nicht zu bekommen. Dazu gilt, der Krieg (Kampf) frisst seine eigenen Kinder. Ein Kampf mit Hunden hat auch Verlierer, solche die auf die eine oder andere Art untauglich sind, auf der Strecke bleiben.
Wenn man einmal verfolgen würde welcher verschwindend geringe 0-Promille-Satz an heutigen Pitbulls sich noch innerhalb der von den Fachleuten für wichtig gehaltenen 5 Generationen befindet. Also welche Vorfahren in den letzten 5 Generationen eines Hundes noch wirklich in der Pit erfolgreich gekämpft haben. Dann wüsste man klar wie übertrieben dieses ganze Theater ist.
Also wie viel Wachhund mit Kriegseinsatz in der Antike,
wie viel in der Pit erfolgreiche „Gladiatoren“,
ist noch in den heutigen Nachfahren?
Abseits der vielen phantasievollen und Eindruck schindenden Geschichten,
dem pubertären Prahlen und Protzen von Menschen
die sich über die Leistungsfähigkeit ihres Hundes definieren
- die wie bei einem Auto-Quartett-Spiel aus frühen Kindertagen
statt Höchstgeschwindigkeit und PS-Zahl,
heute eben Härte, Mut, Ausdauer, Einsatzfreude, Kampfkraft
als „Leistung“ ihrer Hunde vergleichen -,
sollte man die Realität betrachten.
Kampfhund, das ist eine („Berufs-“)Bezeichnung aus dem 20. Jahrhundert, von leichtfertigen Hundefreunden selbst – ohne Not, nur zur Befriedigung des eigenen Egos und der eigenen Brieftasche - geschaffen.
Zu einer Zeit also in der längst in allen Ländern der Kampf mit Hunden verboten war.
Was die Anhänger in der Hundeszene dazu bewegt hat, einen solchen Unsinn zu verbreiten, darüber kann man lange spekulieren. Jedoch ist auffällig, dass es in erster Linie die Anhänger der so genannten „Leistungszucht“ waren die an diesem Begriffsrad drehten.
Fazit:
Heute holt uns dieser Übermut, das sinnfreie Prahlen und Protzen mit den „Kriegs- und Kampfhunden“, oder schlicht, die Dummheit Einzelner, in der Vergangenheit ein. Die Medien und Behörden haben die Schreibmaschinen- Artisten, die Buchautoren von damals beim Wort genommen.
Sieht man sich heute im Internet nach Informationen um, dann findet man eine Praxis vom Abschreiben. Fast alles ist von den ersten Berichten, Büchern und Internetseiten abgeschrieben, kaum einer recherchiert wirklich. Wikipedia verstärkt dieses Phänomen noch weiter. Praktisch alle Berichte dort sind von einem Autor „Caronna“ geschrieben. Wobei dieser eben aus vorhandenen Quellen zitiert. So setzen sich Legenden und Mythen schnell fest und werden zu vorgeblichen Tatsachen.
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